1.So. nach Epiphanias, 12.01.2025, Tersteegenkirche, Josua 3, 5 - 11.17, Jonas Marquardt
Predigt Tersteegen 1.So.n.Trin - 12.I.2025 Predigt als Podcast
Fusionsgottesdienst der Ev. Kirchengemeinde Kaiserswerth-Tersteegen
Josua 3, 5-11.17
Liebe Gemeinde!
So also beginnt das Schlamassel: Die neue Epoche der verbundenen Gemeinde und des vereinigten Presbyteriums beginnt mit der Erinnerung an einen sprichwörtlichen Übergang, der im Volksmund völlig verdreht rüberkommt. „Über’n Jordan“ – ein wenig weiter östlich und noch frömmer als bei uns sagt man „über die Wupper“ – … das heißt für die meisten schlicht: Futsch. Erledigt. Tot. ―
Und tatsächlich wirkt’s wie ein Schlamassel, was die in der Wüste Geborenen, die Mose nicht mehr kennenlernten, sondern nur Josua an der Spitze des verlorenen Haufens der Land-streicher Gottes kannten, über’m Jordan erwartet. Ein Schlamassel bis heute … im Westjordanland, … auf den grünen Hügeln Galiläas, die sich nach Syrien dehnen, … im finstersten Küsten- und Wüstenstreifen der Erde, dem Gaza des Todes.
Wenn die Kinder Israel sich geweigerten hätten, über’n Jordan zu gehen und vielleicht einfach nach Osten geschwenkt und in die viel weniger besiedelten Weiten gezogen wären und dort ohne Gott, aber mit viel Kühnheit und Elon-Musk’schem Größenwahn eine Staatsgründung versucht hätten, dann säße das jüdische Volk heute auf saudischem Öl und wer weiß, wie es Mohammed in Mekka ergangen wäre und was aus dem bodenschatzlosen Palästina geworden wäre, wenn dort keine Religion der Welt die Winke und Wege und Worte des Himmelreichs erlebt hätte …
Wir merken: Echtes Schlamassel entsteht, wenn man das „Was wäre wenn?“-Spiel spielt.
Nicht, als führten Gottes Wege nicht auch in ein Durcheinander, ein Drunter-und-Drüber, ein Dick-und-Dünn der großen und schweren und bitteren Probleme. Das tun sie! … Sie führen uns alle irgendwann auch an und über den Jordan. Weil Gottes Wege eben nicht die „Was wäre wenn?“-Wege, sondern Wege durch die Wirklichkeit sind.
… Und auf den wirklichen Wegen dieser Welt ist nichts so, wie wir es uns zurechtträumen, … sondern halt viel echter!
Da ist das Gelobte Land, an dessen Schwelle die schon x-mal zerfallene und bockige und kalbverrückte, diese demotivierte und widerspenstige und noch gar kein bisschen gefestigte und gefasste und geformte Gemeinde Israels steht, … da ist das Gelobte Land, das vor diesen unfertigen und ratlosen und - wenn der schreckliche Gauland es nicht gesagt hätte, müsste man fast sagen - „gärigen“, brodelnden, von Illusionen und Zynismus zugedröhnten Leuten liegt, … das ist das Gelobte Land (dritter Anlauf!) nicht urlaubsruhig und seelenfriedlich, weder bezugsfertig bequem, noch harmlos heimatlich, sondern dort dampft die ka…naanäische Frage: „Kanaaniter, Hetiter, Hiwiter, Perisiter, Girgaschiter, Amoriter, Jebusiter“ … diese lästigen Menschen alle.
… So lästig wie die Welt der Menschen und die Menschheit der Welt nun einmal ist.
… So lästig, dass Israel sich im Land jenseits des Jordan nicht mit dem eigenen, sondern mit dem Zusammenleben endlos plagen wird, obwohl der lebendige Gott sie doch vor Israel vertreiben wollte. …
Wenn wir aber auf das Vertreiben Gottes achten, dann wird den meisten von uns diese Aufzählung von kleinen Stämmen, diese Völkertafel vermutlich in den Ohren klingen und uns daran erinnern, dass sie offenbar in leicht verwandelter, geschichtlich gut durchgerüttelter Gestalt an einem berühmten Tag alle wieder im Gelobten Land auftauchten: Die Parther und Meder und Elamiter, die Phrygier und Pamphylier (vgl. Apg.2,9f) und Kalkumer und Golzheimer und Lohauser und Stockumer und Wittlaerer und wie sie alle, … wie wir alle heißen.
Gottes Wege schaffen nämlich niemanden aus dem Weg, sondern sie führen hin und her, ein und aus und sammeln die lustigen und lästigen, die verwirrten und verfeindeten, die unlösbaren und doch erlösten Menschenkinder immer neu zusammen.
Keins geht verloren. Wie der Hirt im alten schlesischen Weihnachtlied (i.e. „Was soll das bedeuten?“), so schiebt und lockt und scheucht und trägt Gott Seine Menschen: „Treibt zusammen, treibt zusammen, die Schäflein fürbaß.“
Darum also sind wir heute hier, bei diesem Übergang, an dieser Furt, an der wir hinüber in ein Neues ziehen: Als solche, die Gott zusammenbringt und deren Aufgabe und Zukunftsziel das Zusammenleben sein wird. …Anders hoffentlich, als es jene erwartete, die damals durch den Jordan zogen. … Von vornherein dessen bewusst, dass wir als Gemeinde hier leben und sein dürfen, um die, die um uns herum siedeln, in das große, pfingstliche Ziel einzubeziehen, dass wir alle miteinander merken, dass ein lebendiger Gott unter uns ist.
So verstehen wir gemeinsam ja den Ruf der Gemeinde: Dass sie das Volk ist, in dem das Wunder des Versöhnens, die herrlich-fruchtbare, lästige und zähe, aber doch über alle Verhältnismäßigkeit und Logik hinaus gesegnete Verbindung alles Menschlichen und aller Menschen mit Gott bezeugt, gefeiert und geteilt wird!
Der Tersteegen’sche Urjubel: „Gott ist gegenwärtig“ (vgl. EG 165,1).
Das Fliedner’sche Grundmotiv: „Darum freuet euch in Ihm allewege, und abermals sage ich: Freuet euch“ (vgl.Phil.4,4).
Das von oberhalb des Froschenteichs bis unterhalb der Theodor-Heuss-Brücke entlang des Stroms und aller Straßen, die uns verbinden, zu leben … und zwar so, dass es zur eigentlichen Strömung im Kreislauf unseres Lebensgefühls und zur Ausstrahlung unseres Miteinanders und zur praktischen Erfahrung und seelischen Erbauung und tröstlichen Gewissheit im Dasein ganz vieler in unseren Stadtteilen beiträgt, … das ist der Grund, weshalb wir den Übergang über Schwellen und Grenzen gewählt und gewagt haben, der uns nun nicht das Gelobte Land, sehr wohl aber das geteilte Leben der ehemals getrennten Gemeinden Kaiserswerth und Tersteegen eröffnet. ——
Und damit kehren wir zum Schlamassel zurück, das echte Übergänge immer auch bedeuten: Es sind Mutproben und Häutungen; Aufbrüche ins Risiko und Versuche des Unvertrauten.
Die gepfefferteste und damit unvergesslichste Abreibung meiner Kindheit habe ich mir eingehandelt, als ich das buchstäbliche Stromern hinterm Dorf einmal zu mutwillig trieb. Uns war das Spielen außerhalb des Dorfs in der Gemarkung und im Feld tatsächlich noch frei erlaubt, aber es gab drastische Beschwörungen, was die Gefahren der notdürftig abgedeckten Brunnen in den Wiesen … und den Bach betraf. … Mit nagelneuen Gummistiefeln hielt ich das allerdings für einen überwundenen Aberglauben. Und watete mitten in’s Wasser. Woraufhin ich durch’s ganze Dorf bis zum Pfarrhaus in dessen Mitte begossen und beschämt nachhause humpeln musste, weil der wunderwirkende neue Stiefel einfach im Bachbett eingesunken war und ich das angekündigte und verdiente Ersaufen geschmeckt hatte, als ich mich nur durch irres Strampeln und Ins-Wasser-Fallen und also schließlich unter Aufgabe des tückisch sicherheitversprechenden Schuhwerks an die Böschung retten konnte.
Seitdem weiß ich, dass unsre Übergänge keine Selbstläufer sind … Stiefel hin oder her. Durch den Jordan geht’s sich nicht so einfach.
Doch genau darum ist der für den heutigen Sonntag vorgesehene Abschnitt aus der Bibel, die ja eine einzige große Pilgerreise beschreibt, ein solcher Segen für uns.
Weil dieser Abschnitt aus dem großen Anfangsabenteuer des Buches Josua – denken wir daran, dass Josua der Name Jesus ist! – uns zeigt, was bei allen Übergängen – dem jetzigen, den kommenden, dem letzten! – wirklich trägt und hält:
Mitten im Strom und gegen den Strom und so, dass der Strom stillsteht und uns nicht fortreißt - wie das Osterlied singt (vgl. EG 117,3) - … dort, in der „Flut, wo sonst des Todes Wellen branden“, da wird der Übergang gesichert durch die Lade des Bundes des Herrn der ganzen Erde wie der Bericht in einer hochfeierlichen Formulierung sagt.
Der Herr der ganzen Erde erwartet uns also auch im Jordangraben, dem geologisch tiefsten Gefälle dieser Welt.
Der Herr der ganzen Erde erwartet die Seinen, wo es aufregend und unsicher, wo es uneben und gänzlich unwegsam ist, wo unsere Füße noch nie standen und ein Pfad sich noch nicht zeigte.
Der Herr der ganzen Erde erwartet uns dort, wo die Kinder Israel unter Josua hindurchmussten und wir alle ebenfalls noch die letzte Überquerung unserer gesamten Reise vor uns haben. … Und dennoch liegt sie schon hinter uns.
Das hat die Kirche weltweit ja gerade am letzten Montag, dem Epiphaniastag gefeiert und wir hörten es eben im Evangelium (Matth.3,13-17): Die Herrlichkeit des Herrn zeigt sich dort, wo Jesus in die Tiefe des Jordan hinabsteigt und die Taufe mit uns teilt, … die Taufe, die den Tod durchbricht und dank der Stimme des Vaters, in der Nachfolge des Sohnes im Licht des Heiligen Geistes hinauf ins Leben führt!
Weil wir also aus dieser Jordantiefe als die Gemeinde Jesu tatsächlich schon aufgebrochen sind und tatsächlich das Gelobte Land des Lebens in Gottes Gegenwart vor uns sehen: Deshalb muss uns nun nicht bang sein vor irgendeinem Schlamassel oder den weiteren Stadien des Weges.
… Wir sind über’n Jordan.
Wir ziehen in die Ewigkeit und wollen so viele wir können dorthin mitbringen!
Das ist unser gemeinsamer Weg und aller Welt Ziel!
Und so geht es nun also weiter für unsere Gemeinde: Mit Jesus - dem Josua aller Menschen – und durch Jesus dürfen wir die Gewissheit verbreiten, dass ein lebendiger Gott in unserer Mitte ist und dass Er, der Herr der ganzen Erde uns Seinen Auftrag und Sein Geleit, Seine Verheißung und die Bestimmung in Seinem Reich schenkt.
Das gilt hier und für uns alle, das gilt überall und an jedem Ort bis - wie der Predigttext schließt - alles Volk über den Jordan gekommen sein wird.
Und dann gilt es für immer.
Darum dürfen und wollen wir mit Tersteegen sagen (EG 393,1): „Kommt, Kinder, lasst uns gehen.“
Und mit Fliedners Lieblingsvers bekräftigen (Phil.4,5): „Lasst’s allen Menschen kundsein: Der Herr ist nahe!“
Amen.
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Jesus spricht: Wer mein Wort hört und glaubt dem, der mich gesandt hat, der hat das ewige Leben und kommt nicht in das Gericht, sondern er ist vom Tode zum Leben hindurchgedrungen.
Johannes 5,24